Schlechter Geschmack ist viel interessanter
Shownotes
Jeder meint, ihn zu besitzen, keiner hat ihn je gesehen: Dem Geschmack, der Geschichte des Geschmacks hat Ulrich Raulff sein neues Buch „Wie es euch gefällt“ gewidmet. Auf der Bühne der F.A.Z. der Frankfurter Buchmesse hat er mit Tania Martini darüber gesprochen. Eine Sonderfolge des Bücher-Podcasts.
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00:00:08: Jeder meint, ihn zu besitzen, keiner hat ihn je gesehen.
00:00:12: Dem Geschmack, der Geschichte des Geschmacks, hat Ulrich Raufs sein neues Buch, Wie es euch gefällt, gewidmet.
00:00:19: Auf der Bühne der FAZ, der Frankfurter Buchmesse, hat er mit Tanja Martini darüber gesprochen.
00:00:24: Eine Sonderfolge des Bücher-Podcasts.
00:00:29: Hallo, herzlich willkommen am FAZ-Stand auf dieser Frankfurter Buchmesse.
00:00:34: Ich bin Tania Martini.
00:00:35: Ich leite das Ressort Neue Sachbücher in der FAZ und ich freue mich sehr, Ulrich Raulf hier begrüßen zu dürfen.
00:00:43: Er ist Historiker und Autor.
00:00:44: Er war irgendwann auch einmal FAZ-Redakteur, aber da sind wir uns nie wirklich knitten.
00:00:50: Und er war Direktor des deutschen Literaturarchivs Marbach viele Jahre.
00:00:55: Und bis zum Sommer dieses Jahres war er auch Präsident des Instituts für Auflandsbeziehungen.
00:01:01: Heute ist er mit seinem neuen Buch hier, dass Sie hier vor mir sehen, Ulrich Rauf.
00:01:08: Wie es euch gefällt, eine Geschichte des Geschmacks.
00:01:11: Herr Rauf, schön, dass Sie hier sind.
00:01:14: Herzlich willkommen.
00:01:15: Und herzlich willkommen auch Sie.
00:01:18: Ein Applaus für Ulrich Rauf, bitte.
00:01:25: Ja, Herr Rauf, das ist ein fulminantes Buch.
00:01:28: Es ist so reich und so wirklich, es ist eine Erkundung des Geschmacks, eine ganz associationsreiche Geschichte.
00:01:37: Durch die unterschiedlichsten Jahrhunderte gehen sie hindurch.
00:01:42: Sie stellen auch die Frage, was Geschmack ist, wie Geschmack entsteht, wer wann vielleicht über Geschmack entschieden hat oder nicht.
00:01:54: Aber vielleicht erst eine ganz grundsätzliche Frage, die ich mir dann auch gestellt habe, so im Laufe des Lesens.
00:02:01: Was und eine sehr schwierige Frage wohlgemerkt, was ist eigentlich Geschmack?
00:02:07: Würden Sie sagen, eher eine moralische oder eher eine politische Angelegenheit?
00:02:13: Ich würde sagen, weder noch.
00:02:18: Der Geschmack ist eine ästhetische Angelegenheit.
00:02:21: die sich allerdings mit politischen Anliegen und mit moralischen gern verbindet.
00:02:29: Mehr, mal mehr und mal weniger.
00:02:33: Aber den Einfluss gibt es immer.
00:02:36: Die Ästhetik ist nicht sozusagen frei von politischen und moralischen Einfluss.
00:02:39: Das kann man festhalten.
00:02:40: Ja, natürlich.
00:02:41: Das sieht man ja aktuell.
00:02:44: Dass der Geschmack sich auch gerne mit ökologischen Anliegen verbindet, oder jetzt Urstoffnutzung und so weiter.
00:02:53: Also plötzlich findet man auch Dinge, die umweltfreundlich sind, kann denen auch was Schönes abgewinnen.
00:03:00: Die müssen ja nicht immer was weiß ich, Stichwort Jute-Tasche.
00:03:04: etwas selbst gestrickt aussehen, sondern die können ja auch sehr schick aussehen.
00:03:09: Trotzdem einen politischen Überbau sozusagen haben.
00:03:15: Wir haben ja ein Interview geführt vor kurzem für die FAZ.
00:03:19: Und da haben sie mir gesagt in diesem Interview, dass sie auf guten Geschmack oder die Frage nach guten Geschmack ziemlich gereizt reagieren.
00:03:29: Das fand ich ganz toll.
00:03:32: Aber ich habe es versäumt, da ein bisschen zu bohren.
00:03:36: Das tue ich heute.
00:03:37: Warum reagieren Sie gereizt auf guten Geschmack?
00:03:40: Na, weil der gute Geschmack, also erstens weiß ich gar nicht, was es sein soll.
00:03:45: Und zweitens reagiere ich gereizt, weil er, damit geht immer so was Normatives, um nicht zu sagen, autoritäres einher.
00:03:53: Also wer über guten Geschmack redet, hat meistens eine Vorstellung davon, wie es auszusehen haben soll.
00:04:00: Und das habe ich nicht.
00:04:02: Und ich finde den schlechten Geschmack wesentlich interessanter als den guten Geschmack, wesentlich kreativer, wesentlich sprunghafter und wesentlich fruchtbarer auch für die Geschmacksentwicklung.
00:04:21: Aber dennoch, würde ich sagen, ist es im Buch vor allem das Schöne, weniger das Erhabene im jetzt ästhetisch-philosophischen Sinne.
00:04:30: Die Philosophie hat sich ja dann eigentlich immer eher dem Erhabenen zugewandt und nicht dem Schönen.
00:04:36: Bei ihnen ist es eher das Schöne, dass sie ins Schwärmen bringt.
00:04:40: Und da gibt es insbesondere die Figur Holy Go Lightly.
00:04:45: aus Frühstücks bei Tiffany.
00:04:47: Wir kennen sie alle, vor allem eben insbesondere Audrey Hepburn.
00:04:51: Sie nehmen diese Filmfigur zum Ausgangspunkt auch des Buches.
00:04:57: Was hat sie an Holly Golightly für diese Studie interessiert?
00:05:01: Wofür steht sie symptomatisch?
00:05:03: Und was leiten sie aus ihr ab?
00:05:06: Well, Holly Golightly ist eine komplexe und interessante Figur.
00:05:12: Weil sie einerseits diesen enormen Schick, diese Eleganzzeit versetzt, das ist ja eine Mitternachtseleganz, die sie plötzlich um fünf oder sechs Uhr früh auf die Straße bringt.
00:05:30: Und dadurch wirkt das natürlich komplett deplatziert.
00:05:33: Aber die Schönheit, die Raffinesse, das ist ja alles da.
00:05:38: Und gleichzeitig ist sie eine extrem verletzte, nicht nur verletzliche, sondern auch verletzte Figur.
00:05:46: Und insofern eine tiefromantische Figur, was mich sehr für sie eingenommen hat.
00:05:54: Im Übrigen ist sie aber auch durch die Eingangsszene, durch diesen Gegenschuss aus dem Fenster.
00:06:01: Und überhaupt diese Fenster- und Vitrinen-Situation ist sie mir sehr behilflich.
00:06:06: daran dabei die Zeigesituation, die für den Geschmack so wahnsinnig wichtige Zeigesituationen zu entwickeln.
00:06:17: Denn wahrscheinlich das wichtigste Instrument überhaupt in der Geschmacksgeschichte, das wichtigste Dispositivums mit den Franzosen zu sagen, ist tatsächlich ist die Vitrine.
00:06:28: Und die Vitrine spielt hier also gleich die sozusagen neben der Figur, neben Holly die zweite Hauptrolle.
00:06:37: Ja, und um das nochmal zu verbinden mit der vorherigen Antwort, Frage-Antwort.
00:06:46: Man kann da auch sehr schön zeigen an Hologo Leitli, weil sie sagen ja, es ist gute Geschmack, das ist nicht die Frage, die sie interessiert.
00:06:54: und die Frage nach gutem Geschmack, die sagen sie auch, das ist eigentlich eine autoritäre Geschichte.
00:07:00: Und die beinhaltet ja auch immer die Frage nach Klassencharakter und Klassenstrukturen, nicht?
00:07:06: Also es wird ja dann auch nach Klassen sortiert.
00:07:08: Was ist guter Geschmack?
00:07:09: Was ist schlechter Geschmack?
00:07:10: Was ist Bürgerlichkeit?
00:07:12: Was ist der proletarische Geschmack?
00:07:15: Und Holly Goh Leitli ist aber in dem Sinne vielleicht auch ihre symptomatische Figur, weil sie diese Grenzen überschreitet und sich mehr an der Oberfläche auffällt, oder?
00:07:27: Weil diese Oberfläche ist ja für sie ganz wichtig.
00:07:31: Ja, also die Soziologie hat an ihr keinen vertrauenswürdigen Partner.
00:07:39: Sicher nicht.
00:07:40: Also in der Bodieux-Welt ist sie nicht so richtig zu Hause und nicht gut unterzubringen, weil sie kommt vom Land und das zeigt sich auch gelegentlich zum Beispiel, wenn sie reitet.
00:07:57: ihrer Leidenschaft für Pferde, ihr Gatte, ist Horstdoktor in Texas, also Pferdendoktor Tierarzt.
00:08:12: Und jetzt lebt sie da in der Stadt, also zwischen den Reichen und den schönen, den Leuten vom Film und so weiter.
00:08:21: Also hat diesen ganzen Glamour.
00:08:24: ist eine so wahnsinnige amerikanische Synthese.
00:08:29: Und andererseits hat sie natürlich auch diese Sehnsucht, diese zutiefst bürgerliche und nicht zu sagen klein bürgerliche Sehnsucht nach einem Zuhause, nach einer Familie und so weiter.
00:08:47: Sie bringt immer so viele Facetten des Geschmacks ins Spiel.
00:08:51: Das kann man kaum einfangen.
00:08:54: Ich weiß gar nicht.
00:08:55: Das war keine gute Antwort auf Ihre Frage.
00:08:57: Doch, ich finde es schon.
00:08:59: Sie ist sozusagen, könnte man jetzt sagen, klassenüberschreitend, um das so alt zu formulieren.
00:09:08: Aber ja, springen wir in ein anderes Jahrhundert.
00:09:11: Dieses Buch ist so reich und es hat so viele Aspekte, so viele unterschiedliche Aspekte.
00:09:17: Es ist unmöglich, es auch nur anzudeuten in diesem Gespräch.
00:09:21: Aber ... Ein interessanter Punkt, das achtzehnte Jahrhundert, ein ganz wichtiges Jahrhundert in diesem Buch.
00:09:28: Und Sie sagen im achtzehnten Jahrhundert wurde so viel über Mode gestritten und gesprochen wie nie davor, nie davor und auch nie wieder danach.
00:09:38: Warum war das so?
00:09:39: Über Geschmack.
00:09:42: Ja.
00:09:43: Ja, weil wer im achtzehnten Jahrhundert auf sich hielt als theoretiker, als ästhetiker, Und wer schreiben konnte, und das konnten sehr viele, hat mindestens einen Traktat über den Geschmack geschrieben.
00:10:00: Also können sie alle durchgehen.
00:10:02: Und die sind auch in der Regel also durchaus lesenswert und profund.
00:10:06: Also lässigen jetzt oder Herr da oder Goethe auch nicht schlecht.
00:10:12: Und dann natürlich mein großer Liebling, Johann Jakob.
00:10:17: Ja, der spielt eine ganz zentrale Rolle als so eine Art Geschmacksvermittler, oder?
00:10:21: Ja, natürlich.
00:10:22: Und er wird immer, also was weiß ich, mit dem Klassizismus in Verbindung gebracht.
00:10:26: Ich habe ihn aber zunächst erst mal als ein wahnsinnig interessanten und schöpferischen Autor gelesen.
00:10:34: Also selbst, der nicht bloß über Geschmack schreibt, sondern der... schreiberisch Geschmack bildet.
00:10:41: Also jemand derartige Bilder entwickelt und derartige Metaphern entwickelt.
00:10:47: Das ist das Tolle.
00:10:48: Wenn man die richtig großen Testmaker gerät, die bestimmen nicht nur, was die Leute jetzt tragen sollen, welche Autos sie fahren sollen, in welchen Häusern sie wohnen sollen, sondern die leben den Geschmack vor.
00:11:02: Die haben selber diesen Stil, in dem sie das lancieren.
00:11:09: Das geht bis zu Steve Jobs oder solchen Leuten in unserer Zeit.
00:11:14: Oder Vivian Westwood, die haben beide ihren Auftritt in den Buch.
00:11:20: Das sind Taste-Milker, aber wirklich in jeder Hinsicht, in jedem Aspekt.
00:11:27: Und zurück ins XVIII.
00:11:30: Jahrhundert.
00:11:31: Es ist tatsächlich wahnsinnig viel über Geschmack geschrieben und geredet und gestritten worden.
00:11:40: Und das mit gutem Grund.
00:11:41: Der Geschmack ist sozusagen die große Begleitmelodie, der große Begleitzong des aufsteigenden Bürgertums.
00:11:50: Und von dem, was man für den Hauptgesang hält derzeit, nämlich das Lied von der Freiheit, ist er durchaus verwandt, hat er Verwandtschaft dazu, weil es geht auch um Freiheiten.
00:12:04: Freiheiten der Wahl, Freiheiten etwas... etwas schön zu finden und seinem Schönheitssinn eine Richtung zu geben und das frei zu tun.
00:12:17: Und die Bürger sind wahnsinnig stolz auf den Geschmack und über die Verfügung über Geschmack.
00:12:27: Weil der Adl, der hat das alles, der kann das alles und der besitzt das.
00:12:32: Der hat die Pferde, der hat die schönen Frauen, die tollen Kleider und alles und das Porzellan.
00:12:38: Aber
00:12:39: wir,
00:12:40: wir haben den Geschmack, wir als Bürger.
00:12:43: Aber Sie haben sich erst mal an der, und das ist auch so ein Aspekt im Buch, dass es auch immer Geschmack bedeutet, auch immer kopieren.
00:12:50: Auch das Bürgertum hat sich natürlich, hat natürlich erst mal den Adel kopiert, nicht?
00:12:55: Und dann kann man ja diese lustigen Bewegungen sehen, vor allem im französischen Hof, dass der Adel dazu übergeht, geradezu transvestihhaft zu werden.
00:13:05: Also das ist auch immer ein Spiel von... Nachahmung, Kopieren und Distinktion.
00:13:11: Sind das die drei Begriffe, in denen sich Geschmack entwickelt, die drei Bewegungen?
00:13:19: Vor allen Dingen dieses Spannungsverhältnis zwischen Distinktion.
00:13:25: Sich absetzen, die Dinge neu machen, kreativ sein.
00:13:30: Es ist heute immer noch das Schlagwort und sozusagen das Bestreben.
00:13:38: dass uns alle verbindet.
00:13:40: Wir wollen immer kreativ sein.
00:13:41: Wir wollen alles neu machen.
00:13:42: Und auf der anderen Seite die Imitation des Nachmachen.
00:13:47: Weil Menschen wollen gar nicht immer anders sein als andere.
00:13:51: Sie wollen auch sehr oft sein wie andere.
00:13:56: Also wie irgendwelche tollen Schauspieler oder großen Politiker oder so.
00:14:06: Das sind die beiden großen Pole im Geschmack.
00:14:09: Auf der einen Seite die Distinktion, auf der anderen Seite die Imitation des Nachahmen, die Kopie, die Mimesis.
00:14:18: Und beides ist gleich wichtig.
00:14:20: Mir scheint manchmal, dass die Imitation, die Seite der Imitation der Nachahmung, fast die Wichtigere ist.
00:14:28: Aber wir unterschätzen sie.
00:14:31: Wir wissen gar nicht, wie viel unser Geschmack verdankt und unser Schönheitsempfinden.
00:14:38: der den Künsten der Kopisten verdankt.
00:14:42: Wir sehen immer nur die großen Schöpfer, die großen Genies, die alles neu machen, komplett neu erfinden.
00:14:49: Wir sehen gar nicht die Heere der Kopisten, aber das sind die eigentlichen Helden einer Geschmacksgeschichte.
00:14:58: Das zeigen Sie sehr schön im Buch, diese Bewegungen, wer was von wem kopiert hat.
00:15:05: Da kommt natürlich auch die Coronialgeschichte ins Spiel.
00:15:10: Das Prozolan, das chinesische Prozolan vor allem und die orientalischen Teppiche spielen eine ganz große Rolle.
00:15:17: Und da stellen sie ja auch so die These auf, dass der Geschmack eigentlich, könnte man sagen, eine europäische Erfindung mit fremden Zutaten sozusagen ist.
00:15:32: Warum war ausgerechnet?
00:15:35: Es gab auch in anderen Kontinenten Kolonialismus.
00:15:37: Es waren ja nicht nur die Europäer Kolonialherren irgendwo.
00:15:42: Aber warum waren ausgerechnet die Europäer so besessen von diesen Waren der anderen und wollten sie unbedingt kopieren?
00:15:54: Das hängt mit der großen Schätzung zusammen, die namentlich diese Objekte.
00:16:06: Die Spanier wollten ja aus Südamerika praktisch nur Gold rausholen.
00:16:14: Die haben sonst nicht viel mitgenommen, Gewürze irgendwann.
00:16:22: Aber es ging eigentlich ums Gold.
00:16:24: Die anderen Kolonialmächter, die also in Afrika tätig wurden und namentlich an den Anreinerstaaten des indischen Ozeans in ihren... China, die wollten andere Dinge.
00:16:41: Die wollten entweder die ganz harten, aber zerbrechlichen Dinge, nämlich Potslan und Glas, oder sie wollten die ganz weichen, flexiblen und bunten Dinge, nämlich Textil, Kaliko und Teppiche.
00:17:00: Die haben sie alle nicht verstanden, im Grunde genommen.
00:17:02: Sie konnten diese Muster nicht lesen.
00:17:05: Sie konnten die Muster auf dem chinesischen Potslaan nicht lesen und sie konnten die auf den auf den orientalischen türkischen und persischen Teppichen.
00:17:15: Sie konnten sie auch nicht lesen.
00:17:17: die waren in einer für sie nicht lesbaren schrift geschrieben aber sie liebten sie.
00:17:23: sie liebten sie.
00:17:24: sie hatte eine eine vorstellung von von kostbarkeit die sie mit diesen objekten speziell verbanden.
00:17:30: das waren die leitwährungen sozusagen also der der früh modernen europäischen Ästhetik.
00:17:39: Und sie sind das lange gewesen, also bis sie in unserer Zeit jetzt in Verfall geraten sind.
00:17:47: Wer sammelt noch Porzolan?
00:17:49: Also die Erben können nichts mehr damit anfangen.
00:17:54: Die Teppiche kriegen sie für einen Sportpreis, die schönsten Teppiche bei der Option.
00:18:01: Das hat sich verloren, das ist abgelöst worden durch andere Leitwährungen, ästhetische Leitwährungen, aber lange Zeit war das eben so.
00:18:10: Und Europa hat daran unter anderem seinen Schönheitssinn geschult, aber auch seine Imitationsfähigkeit.
00:18:18: Also weil die die Europäer konnten bis Anfang des achtzehn Jahrhunderts, also bis in Bresden, meistens das Porzlan erfunden wurde.
00:18:28: Sie konnten nur Weichporz lernen, sie konnten nur Keramik.
00:18:34: Aber das haben sie schon im siebzehnten Jahrhundert in Holland, in Delft, so gut gekonnt.
00:18:41: Sie konnten die Chinesen so gut nachahmen, dass sie zeitweise sogar im östlichen ostasiatischen, vordermittelostasiatischen Bereich die Chinesen aus dem Geschäft geschmissen haben.
00:19:02: Bis dann die Gegenbewegung wieder einsetzte, die so weit ging, dass die Chinesen schon wieder Delft imitiert haben.
00:19:09: Also dieses Spiel von Copy und Counter Copy ist ein ganz großer und wichtiger Wellenschlag in der Geschichte des Geschmacks.
00:19:22: Setzt vielleicht eben auch Liberalismus voraus, nicht?
00:19:26: Also ohne, setzt auch Liberalismus voraus, ohne die, ohne sozusagen, also da kämen wir wieder zu den Berührungspunkten.
00:19:32: ohne politischen Liberalismus, gibt es vielleicht auch nicht sozusagen diese Offenheit zum Synkretismus oder so, ja, könnte man, die These könnte man anstellen.
00:19:41: Aber wir gehen zu einer anderen These.
00:19:43: noch zum Schluss, wir sind leider schon am Ende und zwar auch besonders schön ist, wie sie in dem Buch zeigen, dass das ja auch der schlechte Geschmack tatsächlich zu einer nationalen Angelegenheit werden kann bzw.
00:19:58: zum Gegenstand nationaler Sorge.
00:20:01: Adam Smith's Taste of a Nation.
00:20:05: Die Engländer sind die einzigen, die sich über ihren schlechten Geschmack große Sorgen gemacht haben, oder?
00:20:11: Ja, sie haben sich über den schlechten Geschmack insofern Sorgen gemacht, als sie fanden das die Produkte, ihre Produkte.
00:20:22: Zwar viel besser waren als die der namendlich französischen Konkurrenz, viel solider und funktionaler, aber sie sahen schlechter aus und verkauften sich schlechter.
00:20:32: Also das Design stimmte nicht.
00:20:36: Und deshalb haben sie also sehr, sehr viel unternommen, Designschulen gegründet, Weltausstellungen erfunden und so weiter, also um nachzuholen.
00:20:51: um besser zu werden, also um auch den Geschmack der britischen Arbeiterklasse und der Handwerkerschaft zu bilden, zu besser.
00:21:01: So, auf der anderen Seite hatten die Engländer aber irgendwie auch immer einen wahnsinnigen Sensus für den schlechten Geschmack und für das Gemeine.
00:21:11: Also das geht von Shakespeare über Hoggas bis zum Punk.
00:21:17: Keine andere Nation hat sich so viel Sorgen um ihren Geschmack gemacht, hat sich auch sozusagen als Nation mit dem, Sie sagen es, British Taste, also eine Verbindung aus politischer Nation und Geschmack hergestellt, aber auch sich gleichzeitig so im schlechten Geschmack gesult wie die Engländer.
00:21:38: Ja, auch mit einem gewissen Humor und einer Selbstironie, was ganz Großartig ist eigentlich nicht.
00:21:45: was vielleicht sozusagen in Deutschland dann vielleicht fehlt.
00:21:50: Ja, das
00:21:51: hat uns gefühlt.
00:21:54: Vielen Dank, Herr Rolf.
00:21:55: Vielen Dank, dass Sie hier waren in unserem Stand.
00:21:57: Vielen Dank, meine Damen und Herren.
00:21:59: Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen.
00:22:01: Und kaufen Sie dieses Buch.
00:22:03: Es ist ganz wunderbar.
00:22:04: Danke schön.
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